Startseite » Die Länder Espers » Nebrinn » Kathal » Lom
Das Mabedianertum


Die Geschichte des Mabedianertums


Die Entwicklung zum Mabedianertum
Nach der Schöpfung entwickelten sich die Menschen nur langsam zu vernunftbegabten Wesen. Sie wußten nicht woher sie kamen und warum sie überhaupt existierten. Verschiedene Menschenvölker beteten verschiedene Götzen an, mit denen sie bestimmte Naturerscheinungen und ihnen unergründliche Phänomene zu erklären versuchten. So lebten sie dann unwissend und geleitet von falschen Vorstellungen. Sie lebten in ihrer kleinlichen, von Neid und Mißgunst bestimmten Welt und stritten sich, welcher ihrer Götzen der wahre Gott sein sollte.

Nebra und Kath
Auf dem wüstenhaften Kontinent Solin lebten zwei Brüder, Nebra und Kath, mit ihren Familien, die ein kärgliches Dasein als Ziegenhirten in der Wüste fristeten. Da hörte eines Nachts Nebra eine rätselhafte mächtige Stimme. Sie trug ihm auf, für sich und seine Familie ein Schiff zu bauen. Das Ende dieses Landes sei gekommen. Er, Mabed, der Schöpfer, werde sie in ein neues, besseres Land im Westen führen. Als Nebra seinem Bruder von seiner Vision erzählte, lachte ihn dieser zunächst aus, änderte dann aber seine Meinung als er in der folgenden Nacht die gleiche Vision hatte. Mabed erzählte ihm vom Untergang dieses Landes, vom neuen Land im Westen und zeigte ihm anhand des Sternenhimmels die Zahl des zukünftigen Volkes im neuen Reich. Als Zeichen dafür, daß es sich auch wirklich um das versprochene Land handeln würde, soll Kath dort blaue Rosen finden. Derart überzeugt machten sich die beiden Brüder daran, den göttlichen Auftrag auszuführen.
Die Solier hatten als Wüstenvolk keine Ahnung vom Schiffbau, Nebra und Kath schafften es aber, zwei Schiffe zu konstruieren, in denen insgesamt 1000 Menschen Platz fanden.

In einem mächtigen Erdbeben gingen dann große Teile des Kontinents Solin in jenem Ozean unter, der seitdem der Solische Ozean genannt wird. Vom Wüstenvolk Nebras und Kaths überlebten nur diejenigen, die sich in den Schiffen befanden. Nach 70 Tagen des Treibens auf dem Meer erreichten die beiden Schiffe den neuen Kontinent. Kaths Schiff landete in der Gegend von Harlan. Die Menschen fanden dort blaue Rosen, wußten, daß dies das verheißene Land war und priesen Mabed. Nebras Schiff landete in der Gegend von Tarlin. Auch sie fanden dort blaue Rosen. Allerdings hatten sie den Tod Nebras, der auf der Überfahrt starb, zu beklagen. Das Grab Nebras befindet sich im Tarliner Tempel des Mabed, der aus den Planken des Schiffes gebaut wurde.
Die Menschen gründeten die zwei Reiche Nebrinn und Kathal, verehrten Mabed als ihren Retter und lebten in Frieden.

Die Jahre der Verblendung und die 17 Propheten
Nach der Gründung des Kathalischen Imperiums wendeten sich die Menschen mehr und mehr von Mabed ab. Der Name Mabeds wurde zwar weiter in Ehren gehalten, als formloser Schöpfer, der sich nicht in den weiteren Verlauf der Welt einmischt. Aus sämtlichen anderen Wesenszügen Mabeds, dem Leben und dem Tod, der Liebe und dem Haß, dem Frieden und dem Krieg, der Sonne und den Monden, dem Licht und der Dunkelheit, dem Himmel, der Erde, dem Wasser, der Weisheit, den Träumen, der Zeit, dem Schicksal und vielen anderen Äußerungen Seiner Macht entstanden verschiedenste Götter, die nach und nach mehr Verehrung fanden.
Diese „Unterteilung” Mabeds in verschiedene Götter ist gar nicht einmal so falsch, denn es zeigten sich mitunter jene „Götter” (also Verkörperungen von Wesenszügen Mabeds) auf Esper.
In diesen 2000 „Jahren der Verblendung”, wie sie von mabedianischen Gelehrten genannt werden - erschienen immer wieder Propheten – es waren genau 17 – die den Untergang der Götter und den Anbruch eines neuen glanzvollen Reiches des Friedens vorhersagten.

Ilaime, die voller Liebe leuchtende
Nach der Auflösung der ersten nebrinner Republik 108 v.L. und der Gründung des Kaiserreiches wurde das Land von größenwahnsinnigen, überheblichen Despoten beherrscht, die sich selbst als Manifestationen der Götter anbeten ließen. Das Land war mit Kriegen der Fürsten gegeneinander überzogen. Es herrschte größtenteils Anarchie und Dekadenz.
Eines Nachts im Jahre 1 v.L. hatte die dun-maurasche Bauerstochter Ilaime eine seltsame Erscheinung. Sie fühlte sich von einem warmen, freundlichen Licht durchflutet und verspürte dabei unsägliche Freude und Wonne. Dabei hörte sie eine sanfte Stimme, die beruhigend auf sie einredete und erzählte, die Zeit der Erlösung sei nahe. Kurz später stellte Ilaime fest, daß sie schwanger war. Sie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht verheiratet und zudem noch Jungfrau. Ihre Eltern verheirateten sie schleunigst mit dem Bauern Jocei, einem ungehobelten Burschen, der Ilaime demütigte und mißhandelte. Über die wahren Umstände, die zu ihrer Schwangerschaft geführt hatten, verlor sie kein Wort, um nicht als verrückt zu gelten.
Den Sohn, den sie schließlich gebar, nannte sie Lethian (nach letha = erlösen) in Erinnerung an die Worte der Lichtgestalt. Jocei wußte von Anfang an, daß dieses Kind nicht sein eigenes war und wollte es nicht als seinen Sohn anerkennen. Damals hätte er das Recht gehabt, ein nicht von ihm anerkanntes Kind seiner Frau umzubringen. Genau das hatte er auch vor, aber als er den kleinen Lethian in den Händen hielt und ihn ansah, wurde er von ihm bis dahin völlig unbekannten Gefühlen wie Liebe und Zuneigung durchströmt und er ließ von seinem finsteren Vorhaben ab. Von diesem Moment an wandelte sich der grobe Jocei zu einem sanften, liebevollen Mann, der zu allen Menschen freundlich war und niemandem mehr ein Haar krümmte.
Dies war das erste Wunder Lethians, dem noch viele weitere folgen sollten, die aber alle aufzuzählen hier nicht genügend Platz ist.

Lethian Mabedhin Taradan: Der Erlöser, Sohn Mabeds und Herr der Menschheit
Lethian verlebte eine unbeschwerte Kindheit. Behütet von der Liebe seiner Mutter und der Magd Matais, aus deren Feder der erste Teil der Biographie Lethians im Narmai stammt, war er stets fröhlich und allen Lebewesen gegenüber freundlich eingestellt. In seiner Umgebung herrschte stets die gleiche unerklärliche freudige Stimmung.
Jocei wurde zu einem wohlhabenden Bauern und Ilaime schenkte ihm noch zwei Kinder: Seon und Jowana.
Lethian wuchs zu einem hübschen intelligenten Knaben heran. Mit zunehmendem Alter wuchs auch seine Kritik an den vorherrschenden Zuständen. Dies hatte zur Folge, daß er nun nicht mehr überall jene wundersame Freude um sich herum verbreitete, sondern vor allem bei Lehrern, Priestern und anderen Autoritätspersonen gefürchtet war, vor allem wegen seines geschliffenen Wortwitzes und seiner bestechenden Logik, die im Widerspruch zur althergebrachten Ordnung stand. In seinen jugendlichen Streitgesprächen (Buch Matais, Kapitel 3) stritt er vor allem die Existenz mehrerer Götter ab und er bestritt ebenso die Richtigkeit einer Einteilung der Menschen in Stände und die Notwendigkeit einer diktatorischen, von Unterdrückung und Terror beherrschten Herrschaftsform, die angeblich zum Schutz des Volkes vor sich selbst so existieren sollte. Er machte nie aus seiner Meinung einen Hehl, weshalb er im Laufe der Zeit begann, gewissen Leuten in der Regierung lästig zu werden.

Zusammen mit seinem Bruder Seon baute Lethian in Dun Maura ein florierendes Handelsunternehmen auf. Mit ihrem kleinen Vermögen bauten die Brüder eine Untergrundbewegung auf, die das ungerechte System stürzen sollte.
Lethian, der geniale Redner, rief die Bevölkerung Dun Mauras zum passiven Widerstand auf. Dabei betonte er besonders die Gewaltlosigkeit. Kein Feind sollte bei diesem Aufstand, der zudem noch in der mysteriösen Stadt des Friedens stattfinden sollte, getötet werden.

„Unterdrückt nicht die, die Euch unterdrücken, quält nicht die, die Euch quälen, oder ihr seid nicht besser als sie.
Tötet und ihr werdet getötet werden. Aber liebt und ihr werdet geliebt werden. Kommt in Frieden und ihr werdet in Frieden aufgenommen.”
(Matais 5, 190-193)

Leider bewahrheitete sich diese Rede nicht, jedenfalls nicht so, wie man gedacht hatte: 200 der friedlichen passiven Widerständler wurden von den Soldaten des Grafen von Dun niedergemetzelt. Erst als Lethian dazwischen ging, schmolz jegliche Feindseligkeit wie durch ein Wunder dahin.
Lethian und Seon wurden als Rädelsführer des Aufstandes festgenommen und zu lebenslanger Zwangsarbeit in den Lerner Bleiminen verurteilt.

Das erste Blutvergießen seit Anbeginn der Zeit auf dun-mauraschem Boden sollte nicht ungesühnt bleiben. Der Graf von Dun und die Soldaten, die an dem Massaker beteiligt gewesen waren, starben ein paar Jahre später an einer rätselhaften Seuche. Hatten sich die Worte Lethians (“... tötet und ihr werdet getötet werden ...”) am Ende doch, zwar etwas anders als gedacht, bewahrheitet?

Lethian erlangt die Erkenntnis
Lethian wußte natürlich nichts davon. Hatte er zwar zuvor die Existenz vieler Götter angezweifelt und alles auf eine übermächtige Kraft zurückgeführt, hatte er noch nicht die Wahrheit erkannt. Er wußte nichts über seine Herkunft, nichts über die Umstände seiner Zeugung.
Als er in die Gefangenschaft geschickt wurde, zweifelte er sogar an dieser einen übermächtigen Kraft und glaubte, die Menschen seien auf der Welt völlig auf sich alleine gestellt und hätten von irgendwelchen Göttern keinerlei Hilfe zu erwarten. Er zweifelte sogar an seinen Plänen, auf friedlichem Wege zu einer Änderung der Umstände zu gelangen. Der wahre Weg solle nur über Kampf und Gewalt zum Ziel führen. Sein Bruder Seon beschwor ihn erfolglos, nicht von seinen alten Prinzipien abzulassen. Lethian wurde immer griesgrämiger, verbitterter und verzweifelter.
Im zweiten Jahr seiner Gefangenschaft, Lethian war 27 Jahre alt, übermannte ihn schließlich seine aufgestaute Aggressivität und er erdrosselte den Wärtersklaven Jonai, der ihn zuvor auf das demütigste gequält hatte.
Gleich nach dem Mord fühlte Lethian tiefe Reue und Verzweiflung, fiel in tiefe Umnachtung und er hatte das Erlebnis, das ihn über seine wahre Herkunft und Bestimmung aufklärte, ihn wieder auf seinen alten Weg zurückführte und einen entscheidenden Wendepunkt in seinem Leben bedeutete: In seiner Bewußtlosigkeit hörte er zum ersten mal die Stimme Mabeds, die von nun an öfter zu ihm sprechen sollte.

„Zweifle nicht an Mir, mein Sohn, wie andere vor Dir gezweifelt haben. Die Zeit ist angebrochen, da niemand mehr zweifeln muß. Die Menschen sollen erkennen, was sie nicht erkennen konnten. Seid gewahr: Ich bin da. Wenn Ihr Mich geschaut habt, wird Euch Euer irdisches Dasein zu gering erscheinen und Ihr werdet verstehen; deshalb zweifelt aber nicht. Gehe hin, mein Sohn, und verkünde den Menschen Meine Worte; hilf denen, die Wahrheit zu schauen, die die Wahrheit nicht schauen konnten. Denn Ich bin der Herr, Mabed, der durch das Wort erschafft.” (Jonai 2, 28-34)

Dann zeigte Mabed seinem Sohn alles: Die Schöpfung seit Anbeginn der Zeit mit all ihren Parallelwelten, Universen, Dimensionen, unzähligen Lebensformen in ihrer unendlichen Vielfalt, er sah die Vergangenheit, die Gegenwart und die wenigen Ereignisse, die in der Zukunft fest geplant sind und Lethian erkannte:

„Es ist wenig, das da wirklich bedeutend ist. Bedeutend ist die Erkenntnis, daß es Dich, mein Vater, gibt. Ich werde den Menschen die Erkenntnis zuteil werden lassen.” (Jonai 2, 50-53)

Durch die Erlangung der Erkenntnis (Assal) wandelte Lethian sich wieder zu dem friedlichen Menschen, der er in seiner Kindheit gewesen war.
Er erkannte:

„Viele Menschen sind Mabed, wenn überhaupt, erst nach ihrem Tode nahe. Wenn nun alle Menschen die Erkenntnis erlangen und Mabed schauen, wird sich in der Welt ein ewiges Zeitalter des Friedens ausbreiten.” (Jonai 2, 91-92)

Nachdem Lethian die Erkenntnis erlangt hatte, erwachte er, sah die Leiche Jonais vor sich und erweckte ihn wieder zum Leben.
Jonai verzieh Lethian seine Tat und wurde sein heimlicher Verbündeter und treuer Freund. Mit der Hilfe Matais und Jowanas, zu denen Lethian im Traum gesprochen hatte, gelang Lethian, Seon und Jonai die Flucht aus den Minen. Lethian erzählte ihnen von Mabed und der Erkenntnis, die vorerst aber nur Jowana und Seon zuteil wurde. Matais und Jonai folgten ihnen, da sie hofften, auf diesem Wege ebenfalls zur Erkenntnis gelangen zu können. Die fünf flohen nach Kathal, wo sie sich in Maarlen niederließen. Unterwegs schlossen sich noch die beiden entlaufenen Sklaven Anran und Batalan der Gruppe an. Batalan heiratete später Jowana. Von Jonai stammt der zweite Teil der Biographie Lethians im Narmai.

Lethian und die Jünger in Maarlen
In Maarlen lebte die Gemeinschaft in ärmlichsten Verhältnissen im Maarlener Hafenviertel. Sie arbeiteten hart, bis sie einen kleinen Laden eröffnen konnten. Lethian rettete das Mädchen Pasia vor einem Schicksal als Hafenhure; die beiden verliebten sich ineinander und heirateten. Währenddessen predigten Lethian und seine Jünger den Leuten von Mabed und dem Zeitalter des Friedens, das hereinbrechen sollte, wenn alle Menschen die Erkenntnis erlangen.
Die Gruppe arbeitete weiter fleißig, das Geschäft gedieh und man konnte sich ein Schiff leisten, mit dem man auf Handelsreisen ging und auch den Leuten in fernen Ländern von Mabed erzählte. Zur Jüngerschar stieß noch die reiche Händlerstochter Tarmaina, die Seons Frau wurde.

Natürlich blieb Lethians Tätigkeit nicht ohne Gegenspieler. Die Maarlener Ceweinpriester mißbilligten Lethians Verneinen der Existenz vieler Götter und hetzten den Pöbel gegen Lethian auf. Als Lethian einmal mit seinen Gefährten von einer Reise zurückkehrte, fand er sein Haus in Schutt und Asche gelegt vor. Die Priester hatten das „Ketzerhaus“ zur Plünderung freigegeben. Zum Glück konnte Pasia sich rechtzeitig verstecken und blieb unbehelligt. Lethian fand sie in Lumpen gehüllt und abgemagert im Maarlener Hafenviertel wieder.
Lethian war in seiner Abwesenheit als Ketzer verurteilt worden und wäre getötet worden, hätte er nicht rechtzeitig mit seinem Schiff (sein einziger ihm verbliebener Besitz) und seinen Gefährten fliehen können. Jedoch hegte er keinen Groll gegen die, die ihn vertrieben hatten:

“Verflucht sie nicht; sie denken nicht. Auch die Sünder werden die Erkenntnis erlangen, wenn mein Vater sich ihrer erbarmt.” (Jonai 6, 190)

Am Hofe des Fürsten Ascar von Olai
Lange Zeit fuhr die Gruppe ziellos an Espers Küsten umher. Auf den nördlichen Inseln wurden sie abgewiesen. Als sie sich wieder südlich wandten, wurden sie von Lomer Piraten geentert und als Sklaven an den Hof des wohlhabenden Lomer Fürsten Ascar von Olai verkauft. Lethian gewann schnell das Vertrauen seines Herrn und bekehrte ihn. Von Ascar stammt der dritte Teil der Biographie Lethians. Der Hof des Ascar wurde sobald zu einer zentralen Stätte der Mabedianer. Ascar regierte umsichtig und wohltätig. In seinem Fürstentum hatte bald niemand mehr an Armut zu leiden. Lethian hielt eine Reihe Predigten und tat sich als Heiler hervor, zu dem bald ganze Heerscharen Kranker pilgerten. Lethian rettete den Piraten Jahor, der ihn zwei Jahre zuvor gefangengenommen hatte, vor dem Tod durch Erhängen. Jahor stieß als zehnter Jünger Lethians zur Gruppe. Während dieser Zeit gebar Pasia Lethian zwei Kinder.

Im Jahre 46 n.L. wurde das Land Lom von marodierenden Piratenhorden aus dem Norden überrannt. Ascars Anwesen wurde völlig dem Erdboden gleichgemacht, Lethians Kinder starben bei diesem Überfall. Er war nicht imstande, sie wieder zurück ins Leben zu holen.

„Vater, warum Läßt Du das zu? Wie können zwei solch unschuldige Geschöpfe einfach grundlos dahingemetzelt werden?“
Da sprach der Herr zu ihm: „Zürne Mir nicht mein Sohn. Alles geschieht so wie es geschieht. Nur einmal habe Ich diese Regel für Dich, mein Sohn, gebrochen. Du hast selbst einmal erkannt: ‚Nichts ist, das da wichtig ist, außer die Erkenntnis zu schauen.’ Deshalb zürne nicht und höre auf zu zweifeln.”
(Ascar 10, 58-63)

Die Rebellen schwangen sich zu neuen Herrschern auf und Ascar wurde verbannt. Er floh mit seinen Gefährten, Lethians Jüngern, nach Nebrinn, wo sie sich in Paras niederließen. So landete Lethian also nach 20 Jahren wieder in seinem Heimatland. Die Umstände zu dieser Zeit waren noch viel liederlicher und lasterhafter als vor Lethians Verurteilung. Lethian begab sich direkt ins Herz der Sünde, in den Moloch Paras.

In Paras
Hier trieb sich die Gruppe bei den Ärmsten der Armen, bei Krüppeln, Aussätzigen, entlaufenen Sklaven, Meuchelmördern, Dieben und Wahnsinnigen in den verzweigten Kanalsystemen der Katakomben herum. Hier schlossen sich die Brüder Palion und Petion, zwei Gaukler, der Blinde Thadai und der verbannte Annarpriester Marond (von dem der vierte Teil der Biographie Lethians stammt) der Gruppe an.
Jedoch gelang es ihnen nach einiger Zeit, wieder zu einigem Reichtum zu gelangen. Auch mit seinem wiedererlangten Reichtum vergaß er nicht die armen Bewohner der Katakomben und unterstützte sie, so gut er konnte.
Natürlich hielt Lethian auch hier viele Predigten, doch zu jener Zeit waren viele sogenannte „Propheten” in den Straßen von Paras unterwegs, von denen jeder einen anderen „Glauben” predigte. Lethian war der einzige, der von einem kommenden Reich des Friedens, wenn sich die Erkenntnis unter den Menschen ausbreite, sprach. Das Mabedianertum wurde daher schnell zur Religion der Unterdrückten, denen Lethian, der es aus ihrer Mitte wieder zu Reichtum gebracht hatte, als Lehrmeister galt, der seinen Wohlstand nur seinem Gott Mabed zu verdanken hätte.

Lethian erwiderte darauf schmunzelnd: „Das mag schon sein. Aber verlaßt euch dabei nicht auf irgendwelche Götter. Gott hilft manchmal, Arbeit immer. Also, helft euch selbst, dann hilft euch Gott.” (Marond 4, 61-63)

Nach dieser Philosophie arbeitete er wohl weiter, denn bald wurde er wieder Schiffseigner und gründete sogar eine kleine Handelsflotte, die ihm wachsenden Wohlstand sicherte. Auf diese Weise wurde die Botschaft des Mabedianertums bis in weit entfernte Länder getragen.

Lethians Tod und Auferstehung
Lethians Tod, Glasfenster in der Kathedrale Unserer Lieben Frau Ilaime zu Paras
Der despotische Imperator Nabos und die ihn unterstützenden Priester der alten Götter sahen ihren Einfluß auf das Volk immer mehr schwinden, weshalb sie Lethian und seine Anhänger als Ketzer gefangennehmen ließen und zum Tode verurteilten. Anran wurde bei seiner Verhaftung getötet. Die restlichen Jünger Lethians widersetzten sich der Verhaftung nicht. Lethian sollte im Kollosseum von Paras von wilden Bären zerfleischt werden, aber kein einziger Bär krümmte ihm auch nur ein Haar. Lethian nutzte diese Gelegenheit, um eine Ansprache an das Volk zu halten, in der er seinen Peinigern verzieh und an ihre Vernunft und an den Frieden appellierte. Das gleiche Schauspiel spielte sich auch ab, als er von Gladiatoren erstochen werden sollte, aber alle Waffen wie durch ein Wunder abbrachen, oder als er erschossen werden sollte und kein Pfeil ihn traf. Die meisten seiner Henker sahen diese Vorfälle zu Recht als göttliches Zeichen an und verweigerten schließlich den Gehorsam. Am Schluß banden Nabos und der oberste Annarpriester Phakith Lethian eigenhändig an den Mast seines Schiffes, übergossen ihn und das Deck des Schiffes mit Öl und zündeten es an. Das Schiff wurde losgetäut und trieb auf das Meer. Währenddessen verdunkelte sich der Himmel schlagartig und ein mächtiger Sturm kam auf. In dem Moment, in dem die Flammen den am Mast festgebundenen Lethian erreichten und dieser verbrennen sollte, verschwand er in einer Rauchwolke, aus der ein weißer Luscin herausflog und gen Himmel entschwand. Ein mächtiger Blitz zuckte vom Himmel herab und ein Gesteinsbrocken, der einen glühenden Feuerschweif hinter sich herzog, legte den Annartempel in Schutt und Asche.

Damit hatte Mabed auf unübersehbare Weise sein Mißfallen kundgetan. Das Volk lynchte Phakith gleich vor Ort. Nabos konnte sich vorerst in Sicherheit bringen. Sogleich machten sich einige Fischer auf, das Schiff zu löschen und Lethian vielleicht noch zu retten, aber Lethians Körper war auf wundersame Weise von diesem Schiff verschwunden. Es war der 4. Olvare 58 n.L.

Drei Tage nach seinem Tod erschien Pasia ein Luscin, der mit der Stimme ihres Mannes zu ihr sprach:

„Mein Geliebtes Weib, weine nicht um mich. Nur mein Körper hat euch verlassen. Lethians Seele, die die Erkenntnis erlangt hat, ist Teil der Ewigkeit geworden. Eines Tages werdet ihr euch wiedersehen, so wie alle Seelen einmal die Erkenntnis erlangen werden. Lethians Körper hat sich geopfert, damit alle Welt sieht, wie unsinnig die Handlungen jener Despoten waren und für eine bessere friedliche Welt kämpft.
Gehet nun hin in alle Welt und verkündet den Menschen die Botschaft von Mabed, auf daß ihre Seelen die Erkenntnis erlangen und gerettet werden.”
(Marond 16, 51-55)

Nabos versuchte noch zwei Monate lang, seine Position zu halten und die Anhänger Lethians, die immer zahlreicher wurden, zu beseitigen. Hunderte wurden in den Arenen ermordet, was natürlich nicht sehr dazu beitrug, Nabos’ Beliebtheit beim Volk zu steigern. Am 15. Inanna 58 stürmte das Volk den Palast und ermordete den Despoten. Die zweite Republik wurde ausgerufen.

Die Verbreitung des Mabedianertums
In den folgenden 40 Jahren verbreitete sich das Mabedianertum immer mehr in Nebrinn, Kathal und Lom. Die alten Götter wurden als Verkörperungen bestimmter Wesenszüge Mabeds immer noch in Ehren gehalten. Sie sind nicht nur noch in volkstümlichen Sagen und Legenden und natürlich in den Namen der Monate präsent, sondern sie manifestieren sich mitunter noch als voneinander getrennte Gottheiten.

Seon wurde der erste Kano. Er baute die mabedianische Kirche auf, bis sie die heutige Macht und Bedeutung an Espers Ostküste erlangte. Er starb 110 n.L. als hochverehrter Mann im Alter von 107 Jahren.

Die Verbreitung der Lehren des Mabedianertums hatte sehr positive Folgen für das Zusammenleben der Menschen. Die folgenden 300 Jahre wurden „Ära des Friedens” genannt.
Diese Phase wurde durch den dritten Zhubairkrieg (348-360) jäh beendet.

Lethians Jünger bereisten den Kontinent und brachten die Botschaft Mabeds in entfernte Länder. Heute sind die gesamte Bevölkerung Nebrinns und Kathals, sowie weite Teile Loms mabedianisch. Mabedianische Gemeinden gibt es in Nen’ya, Palanth, Tanakré, dem Sieben-Städte-Bund, Garcal-kôr und Kalen, so daß die Anhängerschar des Mabedianertums heute ungefähr 8 Millionen Gläubige umfaßt.

(me)

Die Länder Espers
Ad-il Myt - Die Feuerinseln Aihlann - Das Freudlose Land Andarien - Ordnung und Wirrwarr Angos - Heißes Pflaster in der Wüste
Azork - Das verseuchte Land Beskalan - Die Rote Ebene Die Dalreisteppe - Das Volk der Wächter Edcel - Das Friedvolle Land
Elakk - Die Brut schwärmt aus Elíanor - Stadt unter Wasser Eraiban - Nomaden der Winde Garčal-kôr - Zwischen den Meeren
Gelech-kôr - Ewiges Eis Hargun - Wein und Wüste Has-Garrib - Das Schlangenreich Ilais - Kriegsmüde und Aufgeweckt
Kal - Die Inseln der Schönheit Kalen - Am Großen Fluss Die Kar - Die Kinder der Wüste Die Karansümpfe - Zwischen Ödnis und Gefahr
Kathal - Das Land der Rosen Kilijaran - Gespaltenes Land Die Kiroadischen Inseln - Lebende Erde Latalland - Das Gelähmte Reich
Lom - Land der Geheimen Bünde Marhalstan - Schmetterlingsland Nebrinn - Das Land des Bären Nen'ya - Das Geplagte Land
Ngoga - Vom Frosch gesegnet Die Nördlichen Urwälder Oumé - Das Blutland Palanth - Zwischen Licht und Schatten
Rük - Die Pfeiler des Himmels Shahimar - Das Untergegangene Reich Shya Dai Nim - Das Herz der Welt Der Sieben-Städte-Bund - Im Sumpf des Wohlstands
Sowol - Magisches Land Tanakré - Schroffe Felsen, rauher Wind Die Wälder von Telman - Oben in den Wipfeln Terebis - Die Spinneninsel
Thris - Das geheimnisvolle Land Tlitlatli - Das Sonnenreich Tyr - Die Glückliche Stadt Zhuch - Das Wilde Land
Annor – Das Schwert von Esper | Impressum und Datenschutzerklärung