Grundsätze des Mabedianertums
„Am Anbeginn der Zeit wandelte Er im Chaos.
Nicht war Tier noch Mensch
Nicht war Land noch See
Nicht war Himmel oben noch Erde unten
Nicht war Licht noch Dunkelheit
Nicht war Tod noch Leben
Nur war die Wahrheit
Und die Wahrheit war da Mabed, da Er
wandelte im Chaos.
Und die Wahrheit formt das Chaos
Und es ist vollbracht: Die Schöpfung!“
So lauten die ersten Zeilen des heiligen Buches der Mabedianer, dem Narmai. Am
Anfang der Zeit formte sich aus dem Chaos eine Zone der Ordnung: So entstand
Mabed. Mabed ordnete das Chaos zur jetzt bestehenden Welt.
Jedes von Mabed geschaffene Wesen ist für sein Schicksal selbst verantwortlich.
Jeder kann aus seinem Leben machen, was er will. Nur die Existenz ist
mabedgegeben. Das Schicksal ist ungeschehen und damit veränderlich.
Bekannt ist nur, daß eines Tages das Ende der Schöpfung kommen wird. Das Chaos
wird Überhand gewinnen und die Ordnung der Schöpfung zerstören. Es wird eine
lange Zeit des Chaos herrschen, bis sich ein neuer Mabed manifestiert, der in
einem erneuten Schöpfungsakt eine neue Welt erschaffen wird.
Das Mabedianische Weltbild
Das mabedianische Weltbild umfaßt eine Schöpfung (Manát), die nichts anderes
als das geordnete Chaos ist. Schöpfung und Chaos befinden sich in einem ewigen
Kampf gegeneinander. Natürlich ist es viel einfacher, etwas zu zerstören, als
etwas zu erhalten oder zu erschaffen. Um die Schöpfung erhalten zu können, muß
sie erst einmal verstanden werden, d.h. der Schöpfer, Mabed, muß vollkommen
begriffen werden. Ist dies geschehen, wurde die Erkenntnis (Assal) erlangt. Wer
die Schöpfung versteht, kann sie bewahren. Deshalb ist es nur logisch, daß,
wenn alle Menschen die Erkenntnis erlangen, die Schöpfung umfassend erhalten
werden kann und das Chaos besiegt wird.
Bis dahin wird die Welt aber noch von den Wechselwirkungen zwischen Ordnung und
Chaos bestimmt. Wird das Chaos zu mächtig, wird die Schöpfung zerstört. Da das
Chaos aber nur zerstören kann, was bereits geordnet ist, muß sich zwangsläufig
wieder ein neuer Schöpfer bilden, der eine neue Schöpfung schafft. Dieser ewige
Kreislauf ist unbefriedigend, da nie Vollkommenheit erreicht werden kann.
Vollkommenheit ist der Zustand, da die Ordnung das Chaos vollkommen verdrängt.
In der gegenwärtigen Welt sind noch vielerlei Einflüsse des Chaos spürbar, wie
z.B. Tod, Krankheit, Krieg, aber auch Magie.
Wurde die Erkenntnis einmal erlangt, wird die unsterbliche Seele gerettet; sie
kann nun nicht mehr vom Chaos zerstört werden, da sie die Schöpfung begriffen
hat. Die Seelen der Erkenntnislosen sind nach ihrem Tod für immer verloren. Wer
die Erkenntnis bereits bei Lebzeiten und nicht erst kurz vor dem Tode (wie die
meisten Menschen) erlangt, wird als „Heiliger” bezeichnet (Nicht zu vergleichen
mit den christlichen Heiligen).
Wurde einmal der Zustand der Vollkommenheit erreicht, ist das Chaos endgültig
besiegt und eine Welt ewigen Lebens, ewigen Friedens und ewiger Glückseligkeit
entsteht.
Die Erkenntnis
Wie erlangt man nun die Erkenntnis? Auf verschiedenen Wegen; sie muß zum
Beispiel nicht unbedingt durch jahrelanges Nachdenken über die Welt und
Meditation, verbunden mit Enthaltsamkeit und sündlosem Leben, erreicht werden;
auch ein Meuchelmörder, der seine Sünden aufrichtig bereut, kann die Erkenntnis
erlangen. Selbst Lethian, die Menschwerdung Mabeds, hat gesündigt und bereut
und daraufhin die Erkenntnis erlangt. Für jeden gestaltet sich das Erlebnis der
Erkenntnis anders und niemand kann es in Worte fassen – jeder muß allein zur
Erkenntnis gelangen; es gibt keine zuverlässige Anleitung, wie man die
Erkenntnis letztendlich erlebt. Man muß dafür nicht einmal Mabedianer sein,
Mabed ist lediglich ein Name für die Kraft der Schöpfung.
Aber Lethian hat in seinen Predigten und durch sein eigenes Leben gezeigt, wie
man den Weg zur Erkenntnis in einer Welt derer, die nicht die Erkenntnis erlangt
haben, für sich – und für andere – möglichst angenehm gestaltet. Dies ist auch
die Hauptaufgabe der mabedianischen Priester: Den Menschen verkünden, wie sie
ein Leben im Sinne der Schöpfung und damit nahe bei der Erkenntnis führen
sollen.
Um die Gunst oder den Beistand Mabeds zu beten ist im Mabedianertum nicht in dem
Maße verbreitet, wie in anderen Religionen, denn „Es ist wenig, das da wirklich
bedeutend ist” (Jonai 2, 50) und „verlaßt euch nicht auf irgendwelche Götter.
(...) Helft euch selbst, dann hilft euch Gott.” (Marond 4, 61 und 63)
Das Leben und die eitlen Probleme eines einzelnen Menschen sind für die
umfassende Schöpfung unbedeutend. Um solche Bagatellen solle man sich doch
gefälligst selber kümmern. Gott hilft den Tüchtigen. Daraus folgt, daß sich die
Gunst Gottes in persönlichem materiellem Erfolg zeigt. Die Gunst Mabeds im
Gebet wird nur zu dem einen Zweck erfleht, damit er einen gut durch das Leben
auf die Erkenntnis zu leitet.
Dies soll durch Lo al Tanaes, die acht Tugenden, erreicht werden:
Tagan: | Genügsamkeit, Maßhalten |
Tainan: | Nächstenliebe, Wohltätigkeit |
Taran: | Strebsamkeit, Fleiß, Pflichterfüllung |
Tath: | Gerechtigkeit, Wahrheitsliebe |
Tawen: | Tapferkeit |
Togan: | Toleranz, Respekt |
Tohanai: | Friedlichkeit |
Tonolan: | Klugheit
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Alles, was diesen Tugenden nicht grundlegend zuwiderläuft (wie z.B. bei Mord,
Diebstahl, Lüge und Sklaverei der Fall), ist keine Sünde und somit mehr oder
weniger erlaubt.
Ein guter Mabedianer, der sich an diese Tugenden hält, wird auch sicher
irgendwann einmal die Erkenntnis erlangen.
Die mabedianische Gesellschaft ist aufgrunddessen stark durch diese Tugenden
geprägt. Die gesamte Moral, Ethik und Rechtsprechung stützt sich auf die acht
Tugenden.
Da einerseits Toleranz zu den göttlichen Tugenden gehört (Togan) und
andererseits die Erkenntnis auf vielerlei Arten erlangt werden kann, sind die
Mabedianer allem Fremden gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen eingestellt.
Sie akzeptieren und tolerieren andere Meinungen, da ihrer Ansicht nach das
Nachdenken über Sachverhalte bereits ein Schritt zur Erkenntnis ist. Mabedianer
sind deshalb eifrige Forscher, die sich allen Gebieten der Wissenschaft
interessiert widmen. Allerdings sind sie einer „Wissenschaft” gegenüber in
keiner Weise tolerant: Der Magie.
(me)
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