Städte in Lom
Alaii
105.320 Einwohner
An der Ostküste der lomer Halbinsel inmitten ausgedehnter Weide- und
Ackerflächen gelegen ist die Hauptstadt Loms nicht nur größter
Umschlagplatz für Waren aus dem Inland, sondern auch bis weit über die
Grenzen Loms hinaus bekannter Ursprungsort für erlesene Köstlichkeiten,
wie zum Beispiel farbigen Reis, Aiiat – ein würziges Gebäck oder "Ustros Gold",
ein goldgelbes Weizenbier.
Die Stadt unterteilt sich in die malerische, verwinkelte Altstadt im
Süden und die neue streng durchgeplante Neustadt im Norden. Nach der
letzten Flutkatastrophe im Jahre 618 n.L., als der gesamte nördliche Teil
des alten Hafens überschwemmt wurde, ließ der damalige König Peeto XVII.,
der Onkel der derzeitigen Königin, von seinen Architekten den neuen
Stadtteil Kalvi planen, an dem bis heute gebaut wird.
Im Gegensatz zu den traditionellen rundlichen blau-weißen Lehmhäusern in
der Altstadt wurden hier ausschließlich importierte Baumaterialien, wie
zum Beispiel weißer Marmor aus Larak oder schwarzer Basalt aus Lern verwendet.
Dieser völlig durchgeplante Stadtteil Alaiis wird im Volksmund gern „Klein-Nebrinn”
genannt.
Während also der nördöstliche Teil der Stadt aus grandiosen
Repräsentationsgebäuden, Denkmälern, Mausoleen und Residenzen höfischer
Würdenträger inmitten breiter, fast menschenleerer Prachtstraßen besteht,
pulsiert im restlichen Teil Alaiis das Leben der Stadt, wie folgende
Beschreibung des Markttreibens in Alaii zeigt:
„Diese Stadt wird von etwas beherrscht, das scheinbar größer ist als
sie: Dem Markt. Bunte Gewänder, fremde Gesichter, exotische Gerüche,
Gaukler, Schwertschlucker, Akrobaten, Geschichtenerzähler mit ihren
großen Teppichen, Straßenspieler, Prediger fremder wie bekannter
Religionen, stets auf der Suche nach (möglichst zahlungskräftigen)
Gläubigen, Feuerspucker, fahrendes Volk, Taschendiebe, fremde Soldaten
auf Landgang, Schreiber und Justitiare, feiste Händler mit ihren
farbenprächtigen Eskorten und vollbepackten Lasttieren, junge Adlige
auf Minnefahrt und betörende Schöne, die versuchen, eben diese zu
verführen und einem neuem Abenteuer zuzuführen, Schausteller mit ihren
Monstrositäten, Piraten jeglicher Couleur, die hier vom Urlaub bis zur
Entführung alles zu planen scheinen, Streuner, Taugenichtse, Penner,
Abschaum, betrunkene Stadtgardisten, die vor der scheinbaren Allmacht
dieses Spektakels kapituliert haben und vereinzelt auch ganz normale
Bürger – alles ist hier anzutreffen.
Und die vielfältigen Sprachen! Das kehlige Grollen der Iadner, das
näselnde Singen der Lomer, das scharfe Klicken der Nen’yen, mythylischer
Singsang, fein artikulierte Sprechweisen der gebildeten Reisenden,
das verwaschene Gebrüll der Landbevölkerung, die hier als Träger,
Treiber, Wachen und Kunden-mit-den-Augen präsent sind und so ihren
Jahresverdienst aufbessern und/oder verjubeln, die Nebrinner, die sich
nicht einmal die Mühe machen, ihre Kunden auf lomisch anzureden,
die Kathalier die hauptsächlich versuchen, eben diese schlechtzumachen,
fahrende Sänger und Musikanten, die manchmal den Lärm übertönen und auch
nicht schlecht verdienen, die brüllenden Eskorten der Edlen, die hohen,
beinahe tierischen traditionellen Rufe der Wasserverkäufer und der Olal-
und Imbißverkäufer, deren „Stände” meist aus einem mit tragbaren Öfen
behängten Tragtier bestehen, die heiseren Rufe der Bettler, die
euphorischen Schreie der Akrobaten, die so ihren Flik-Flaks den Weg
bahnen, wenn sie nicht gerade mit einem Feuerspucker unterwegs sind, die
lockenden Rufe der leichten Frauen, ein leises Raunen hinter dir, das
dir entweder sagen kann, daß dir von zwei Kumpanen gerade der Geldbeutel
(und dein Schwertgehänge) geraubt wird, daß du von Kindern gerade mit
farbigen Beeren beworfen wirst, weil du sie vorhin beinahe mit ihren
Körben umgeworfen hast, das dir sagen kann, daß jemand deine Dienste
[seien es Liebesdienste, Waffendienste (im allgemeinen für ein unlauteres
Geschäft) oder als (Ver-)Käufer für Diebesgut] für einen selbstverständlich
äußerst übersteigerten Preis erwerben will, daß dir gerade eine Gestalt,
der du lieber nie begegnet wärest, ihren Waffenarm anbietet, oder daß
dir jemand kaum attraktiveres einen Sonnenstandmesser zur
Wetterbestimmung verkaufen will.
Der Markt! Händler aller Arten haben sich hier versammelt, scheinbar nur
um sich gegenseitig zu übertönen oder um sich an bunten Gewändern und
Ständen zu überbieten, oder doch um ihren Kunden mehr als jeder andere
um den Bart zu gehen.
Dies ist Alaii! Bunt, laut, schrill, vielfältig, einzigartig, riechend,
prächtig, eng, stinkend, wohlriechend, appetitanregend, fesselnd,
unüberschaubar, unkontrollierbar. Der Markt hat seine eigene Energie,
die ihn scheinbar in einen undurchbrechbaren Mahlstrom verwandelt.
Auf dem Markt gibt es alles! Feinste Waffen, edelste Geschmeide, Stoffe,
Farben, Schnaps, Biere und Weine, Säfte wie auch Wasser, köstliche Tabake
und auch Rauschpulver und -tinkturen, Trödel, Nützliches, Gewänder, seltene
Artefakte, exotische Waren jeglicher Art, Spielzeuge, Mechanik, Frauen,
Männer, jegliche Art von Getier, Dienstleistungen, Schiffe, Häuser,
Nachlässe, Pfandgut, Holzwaren wie Lederwaren feinster Qualität, und
überall kleine Buden und Verschläge, manchmal nur schwer behängtes
Tragtier als mobiler Handelsposten (stets den Bedürfnissen des Marktes
folgend und immer auf der Jagd nach der Ecke mit den höchsten Preisen)
teilweise sogar Hütten, aus denen die appetitlichsten Gerüche strömen,
aus denen Exotisches wie Bekanntes, Delikates wie Undefinierbares von
stets neuem, anziehendem Duft in scheinbar unbegrenzter Menge an die
Massen ausgegeben wird.
Man hat den Eindruck, daß man auf diesem Markt vom dressierten Floh bis
zum ausgestopften Seeungeheuer, von der vergoldeten Stecknadel bis zur
Axtscheibenschleuder, von der Wegbeschreibung zum Blauen Stier bis zur
Anhörung vor der Regierung von Nebrinn, von der Garnspule bis zur
Turmuhr, vom Fingerknöchelchen des Heiligen Bertoo bis zur eigenen
Baronie, vom Zahnstocher bis zur Schlachtnendrasse inklusive Besatzung
ausnahmslos alles erwerben kann, wenn man nur die richtigen Leute
anspricht, gewitzt genug ist und eine bis zwei Schiffsladungen voll
Gold dabei hat.”
Aus „Memoiren des Handelsreisenden Ascar Fuian,
Kontorist des Handelshauses Setam zu Paras”, 634 n.L.
Aber nicht nur der Handel blüht in Alaii, hier sind etliche
Schiffswerften ansässig, die die wohl besten von Menschenhand gefertigten
Schiffe an der Ostküste herstellen. Nicht von ungefähr wurde hier die
erste Nendrasse gebaut.
Wie es sich für eine Hauptstadt gehört findet sich auch hier eine
Zusammenballung an Macht. Verschiedene – nennen wir sie
„Interessengruppen” – haben hier ihr Hauptquartier aufgeschlagen und
versuchen, auf verschiedenste Arten und Weisen Einfluß auf ihnen
nützliche Entwicklungen zu nehmen. Das Klima von Verrat und Intrige ist
hier noch intensiver als es in Paras der Fall sein mag. Demzufolge sind
in hier auch die Chancen, zu scheitern höher, ganz zu schweigen von den
zu erwartenden Strafen für Hochverrat.
Luan
4.650 Einwohner
Kurz vor dem Übergang des Landes in die Sumpflandschaft der Siilat-Mangroven
gelegen, ist Luan ein beliebter Anlaufhafen für die Piraten, die ihre
Nester in besagten Sümpfen bezogen haben. Es ist ein offenes Geheimnis,
daß so ziemlich jeder Händler Luans gern mit Piraten Geschäfte macht und
daß die meisten hier angelandeten Güter aus Piratenüberfällen stammen. Die
riesigen Warenlager der Kontore sind also überwiegend mit Hehlerware
vollgestopft.
Solange sich jeder an gewisse ungeschriebene Spielregeln hält, stört sich
kaum jemand daran, abgesehen von den Eignern der überfallenen Schiffe,
bei denen es sich aber überwiegend um Ausländer handelt, und wen kümmert
das schon?
Der Hafen der Stadt ist aus Furcht vor Übergriffen feindlicher Flotten
überdurchschnittlich stark befestigt. Diese Furcht ist nicht unbegründet,
tragen doch hier mehrmals jährlich verfeindete Piratenbanden ihre Zwistigkeiten
aus oder größere Seeräuberflotten versuchen sich des Inhaltes der
Handelskontore zu bemächtigen – angesichts der katapultstarrenden
Hafeneinfahrt ein wahrlich riskantes Unterfangen.
In den Kneipen und Tavernen der Stadt trifft man überwiegend niederes
Gesindel an, das sich jederzeit zu üblen Aufträgen bereit erklärt, auf
jedem Seelenverkäufer anzuheuern bereit ist, ansonsten durch seine Sauf-
und Rauflust sowie durch seine ewige Zahlungsunfähigkeit beeindruckt. Im
Allgemeinen läßt sich sagen, daß man in dieser Stadt lange nach
Gesellschaftern mit höherem geistigen Niveau suchen wird.
Olai
3.270 Einwohner
Ein nebrinner Besucher dieser Stadt wird beim Anblick dieser chaotisch
zusammengewürfelten Häusergruppen ob des Namens „Olai” in lautes
Gelächter ausbrechen, bedeutet doch „olai” auf Pegai soviel wie
„Ordnung”.
In der Tat handelt es sich bei der Stadt Olai um nichts weiter, als
mehrere zusammengewachsene Dörfer im Hinterland von Alaii. Bei den
Bewohnern Olais handelt es sich vornehmlich um ein gutmütiges und
friedliebendes Bauernvölkchen. Nicht einmal eine Stadtmauer scheint
diese Stadt nötig zu haben!
Trotz dieser wenig attraktven Äußerlichkeiten ist Olai doch der
bedeutendste Wallfahrtsort Loms. Von 35-46 n.L. wirkte Lethian am Hofe
des Fürsten Ascar von Olai als Prediger und Heiler. Noch heute besitzt
das Wasser einer Quelle hinter dem ehemaligen Schloß des Fürsten, das zu
einer Kirche umgebaut wurde, heilende Kräfte. Aus dem Umstand als
Wallfahrtsort resultiert der eigentliche Reichtum Olais. Fast jeder
Einwohner betreibt nebenbei eine Gaststätte oder verkauft Andenken, wie
zum Beispiel „garantiert echte” Fetzen aus dem Mantel des Heiligen Ascar
oder kitschige Heiligenfiguren aus Zink und dergleichen.
Womir
1.460 Einwohner
Etwa 30 km nordwestlich von Olai gelegen ist Womir ebenso eine stark
landwirtschaftlich geprägte Stadt. Weite und eintönige Reis-, Getreide-,
Kohl-, Rüben- und Flachsfelder erstrecken sich im Süden der Stadt soweit
das Auge reicht. Im Norden der Stadt wird der angrenzende Wald rigoros
abgeholzt.
Charakteristisch für das Umland von Womir sind die schier endlosen
Reihen der Windmühlen mit ihren weiß-blauen Stoffsegeln, die das Getreide
des gesamten Umlandes mahlen aber auch die Webstühle der ortsansässigen
Leinenmanufaktur Lewiiu am Laufen halten.
Silan
1.320 Einwohner
Silan ist der nördlichste befestigte Hafen an der Westküste Loms und aus
diesem Grunde beliebter Zwischenstop für Schiffe mit dem Ziel Alaii oder
einem anderen Hafen an der Ostküste. Hier versorgt man sich noch einmal
mit frischem Proviant und vergnügt sich in den zahlreichen Hafenkneipen.
Neben dem Fischfang und dem Hafenbetrieb bedeutet die Holzwirtschaft in
den umliegenden Wäldern eine weitere sichere Einkommensquelle.
Mor
41.600 Einwohner
Die größte Hafenstadt an der lomer Westküste ist zugleich auch das
Schlachthaus der Nation. Alljährlich im Olvare findet hier der große
Morer Viehmarkt statt. Die ganze Stadt ist einen Monat lang erfüllt von
dem Brüllen der Rinder, Tangeln, Ziegen, Schafe, Dwarks und Kodlus, den
Gerüchen und Dreckhaufen ihrer Exkremente, von den schlichten Farben der
Kleidung der Landbevölkerung ebenso wie von den glitzernden Goldketten
der Großgrundbesitzer.
Über großen Teilen der Stadt liegt der unerträgliche Gestank der
Gerbereien und Schlachthäuser. Keine andere Stadt Loms besitzt eine
solche Anzahl an Schlachthöfen, Metzgereien und Räucherstuben.
Dementsprechend ist die Stadt berühmt für ihr unüberschaubares Angebot
an Würsten, Pasteten, Räucherfleisch, Schinken und anderen
Feinkostprodukten.
Im Umland Mors werden die berühmten schwarzen Nasenhorn-Rinder gezüchtet,
die auf den Viehmärkten regelmäßig Spitzenpreise erzielen.
Gal
9.430 Einwohner
Am Ufer des nach ihr benannten Golfes gelegen, bewahrt sich Gal ihren Ruf
als Stadt der Seefahrer. Das am weitesten verbreitete Handelsschiff der
esperischen Ostküste, die Galette, wurde nach dieser Stadt benannt. Eine
Reihe von Werften ist hier schon seit Jahrzehnten ansässig und fertigen
Schiffe für die großen Handelshäuser Loms an.
Ansonsten erscheint Gal als eine recht freundliche Stadt, die sich mit
ihren blau-weißen Häuserfassaden und den winkeligen Gassen viel vom
ursprünglichen Lomer Charme bewahrt hat.
Mehel
3.240 Einwohner
Die Stadt Mehel liegt im lomer Hinterland inmitten
einer ausgedehnten Trockenmoorlandschaft. Neben den weit ausgedehnten
Torfgebieten ist die Stadt vor allem durch das Töpfergewerbe berühmt.
Typisch für Mehl sind die blau-weiß glasierten Porzellangefäße, die in
vielerlei Abwandlungen an der gesamten Ostküste verbreitet sind.
Besonders gern werden diese Gefäße mit dem vorzüglichem Reiswein gefüllt,
den die weitreichenden Reisfelder im Mehler Umland als Nebenprodukt liefern.
Losel
4.680 Einwohner
Etwa eine halbe Tagesreise von der nebrinner Grenze entfernt liegt Losel,
der südlichste befestigte Hafen Loms und im Allgemeinen Endstation der
meisten Handelsfahrer. Nur wenige Schiffe begeben sich auf die gefahrvolle
Reise durch die unheimliche, stets neblige und windstille Totensee nach
Süden und umgekehrt kommen wenige Schiffe aus dem fernen Süden nach Lom,
doch der erste Hafen, den sie ansteuern werden, wird Losel sein, eine
Stadt, die sich mittlerweile protzig „Tor zum Süden” nennt und sich recht
weltgewandt verhält, besonders ihren spärlichen ausländischen Besuchern
gegenüber. Mittlerweile haben einige wenige südländische Handelshäuser
Kontore in Losel errichtet.
Ar
1.280 Einwohner
Ar ist ein kleines Städtchen in den südlichen Wäldern Loms. Aus den
Wäldern um die Stadt herum wird das Rohmaterial für die Manufaktur des
Königlichen Hoflieferanten „Arer Siidal & Compagnie” gewonnen. Der
filigrane Stil der hiesigen Tischler findet Einzug in die Häuser der
Reichen und Mächtigen Loms sowie anderer Länder.
Neben dem einträglichen Geschäft der Herstellung von Luxusmöbeln lebt Ar
von den Reisenden auf der Reichsstraße nach Alaii. Die Gasthäuser sind
hier recht groß und für eine solch kleine Stadt nahezu unverschämt teuer.
Mur
25.830 Einwohner
Die drittgrößte Stadt Loms verfügt über den zweitgrößten Hafen des Landes
und befindet sich bereits seit Jahrzehnten im Machtkampf mit Alaii.
Herzog Oikin Al Yeelim von Mur ist ein erklärter Todfeind des Königshauses und
spinnt von seinem herzoglichen Schloß aus sein Netz von Intrigen. Seit
sein Neffe Genkoo Dewe von Alaii wurde, ist sein Einfluß auf die
verhaßten Hauptstädter noch gewachsen.
Die Bewohner Murs sind stolz auf ihren Herzog und unterstützen ihn in
allen Belangen des öffentlichen Lebens. Demjenigen, der so blöd ist,
zuzugeben aus Alaii zu stammen und zudem noch Anhänger der Königin zu
sein, wird grundsätzlich mindestens das doppelte vom normalen Preis
abgeknöpft. Wer als einigermaßen wohlhabend zu erkennen ist, wird
unweigerlich in das Spiel der Intrigen hineingezogen, selbst wenn ihm die
hohe Politik völlig egal sein sollte. Jede seiner Bewegungen wird
beobachtet werden und es werden Rückschlüsse aus seinem Verhalten
gezogen, welche Partei er nun unterstützt. Der unbescholtene Bürger wird
sich in dieser Stadt reichlich unwohl fühlen und diesen Ort voller
paranoider Idioten, die schon sprichwörtlich „hinter jeder Mauer eine
Gefahr vermuten”, freudig wieder verlassen.
(me)
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