Der Glaube der Iadner
Zur Religion der Iadner ist nicht viel zu sagen, und zwar aus dem
einfachen Grund, daß sie über keine Religion verfügen.
Ein kleiner Teil der Bevölkerung verfolgt sektenhafte Riten, die sie sich
selbst auferlegt haben. Hierbei sind als die wichtigsten Gruppierungen
die Pak und die Rik zu nennen, die den Himmel und das Meer verehren.
Diese Sekten haben allerdings nur etwa 5.000 Anhänger. In Politik,
Wissenschaften und Militär haben die Mitglieder überhaupt keinen Einfluß.
Sie sehen ihre Sekten selbst als Heilsbringer für die Hochseeschifffahrt.
In den Meeren setzen sie Geschenke aus um die Kräfte der Ozeane
ruhigzustellen. Mit einer Art Katapult schießen sie Opfergaben zu den
Sternen. Ob diese jemals dort ankommen, ist fraglich. Ein entsprechendes
Ansehen genießen die Sekten bei der Bevölkerung.
Insgesamt existiert also kein Götterglaube auf Ilais, was an einer
atheistischen Erziehung liegt. Darin werden die Natur und ihre Gesetze
sehr naturwissenschaftlich erklärt, so daß jeglichem Götterglauben das
Wasser abgegraben wird.
Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang allerdings, daß die Ehrfurcht,
mit der die Iadner den Kräften der Natur, mit denen sie als
Seefahrernation tagtäglich konfrontiert werden, unübertroffen ist. Zwar
haben sie schon seit Jahrtausenden Erfahrungen mit ihnen, doch das Wirken
dieser manchmal brachialen Kräfte ist für sie ein ehrfurchtgebietendes
Schauspiel. Vielleicht spielt hier auch wieder die Angst vor den Kräften
der Erde eine Rolle, die in jeden Iadner mittlerweile durch die
Jahrhunderte in den instinktiven Charakter der Rasse eingeflossen ist.
Zu berücksichtigen ist daher, daß ein Iadner sich nie im unnötigen Kampf
mit den Naturgewalten messen wird. Vulkanausbrüche flößen ihm
unglaubliche Ängste ein, bei Orkanen wagt er sich nicht vor die Tür.
Freiwillig Gefahren einzugehen, die mit den Naturgewalten zusammenhängen,
oder gar Mutproben zu erfüllen, die diese Bedingung erfüllen, käme einem
Iadner nicht in den Sinn. Dies erfordert einfach sein ehrfurchtsvoller
Respekt vor der Natur und ihrer Kraft. Darum wird ein Iadner auch
durchaus den Verlust seiner Ehre akzeptieren, die ansonsten als sehr
hoch gewertet wird, wenn er dadurch einer Konfrontation mit den
Naturkräften entgehen kann.
Allerdings betrachtet ein Iadner zum Beispiel einen Sturm, der ein
Schiff auf See überrascht, als Herausforderung der Natur. Man glaubt,
daß die Natur herausfinden wolle, wie leistungsfähig und leistungswillig
die Mannschaft oder ein einzelner Iadner ist. Dies ist eine Probe, der
sich nach iadnischer Überzeugung niemand entziehen darf, da er ansonsten
seine Ehre verliert. Und auf diese Art seine Ehre zu verlieren, ist die
schlimmste Art, die ein Iadner sich vorstellen kann. Insofern kämpft ein
Iadner in solchen Situationen bis zur völligen Erschöpfung, sogar bis zum
Tode, was das Volk zu so hervorragenden Seefahrern macht.
Eine Art religiösen Rituals ist auch die Geschichtsschreibung, der die
Iadner äußerst penibel nachgehen. Sie sind der Auffassung, daß jedes
politische Ereignis, an dem ein Iadner beteiligt war, in Wort und Bild
festgehalten werden muß. Kennzeichnend und wichtig ist dieser Hang zur
Geschichtsschreibung bei den Iadnern dadurch, daß ein politischer Vorfall
über Jahrtausende hinweg noch das tagespolitische Geschehen bestimmen
kann.
(nn)
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