Die Götter und Geister der Mbaous
Die Mbaous kennen eine Vielzahl an Göttern und ihre Geister sind schier unzählbar.
Jeder Stein hat seinen eigenen Geist. Da ist es nicht verwunderlich, daß kein Mbaou
alle Götter und Geister beim Namen kennt. Deshalb haben die Mbaous unter ihren Göttern
eine Hierarchie geschaffen, damit sie auch die richtige Autorität anbeten. Auch wenn
diese für ihr Problem nicht zuständig ist, wird sie das Gebet an den Verantwortlichen
“weiterleiten”. Auf diese Art und Weise können die Mbaous sicher sein, daß ihr Gebet
auch erhört wird. Jedoch sollte man eines bedenken: Je länger der Dienstweg, desto
unwahrscheinlicher ist die Erhörung des Gebets. Man sollte sich also nicht an Shasa wenden,
wenn man seine Tongefäße vor dem Zerspringen beschützen will. Da sollte man sich schon
an den zuständigen Erd- oder Handwerksgeist oder wenigstens an seinen Vorgesetzten
Yombo wenden.
Natürlich können hier nicht alle Götter und Geister erwähnt werden. Dies würde den Rahmen
sprengen und ohnehin niemanden interessieren. Es werden also nur die Götter erwähnt und eine
grobe Übersicht über die Geistergruppen gegeben.
Die Schöpfungsgeschichte der Mbaous lehrt uns, daß am Anfang
Shasa, der Schöpfer durch den leeren Raum wandelte. Aus Langeweile
schuf er nacheinander die fünf hohen Götter.
Zuerst schuf er Buyo, den Herrn des Himmels. Buyo wiederum wollte Bewegung
in seinen Herrschaftsbereich bringen. Deshalb schuf er die Kafolonga, die
Geister der Luft und des Windes, die wiederum über die Wukari, die
Wolkengeister, gebieten. Die Wukari sind die Herren der Owaja, die den
Regen bringen.
Buyo erschuf außerdem noch Nsawama, den Tag, der über
Ngangoloko, die Sonne, und über die Rafai, die Geister des
Lichts und des Feuers gebietet. Ngangoloko hat sieben Kinder, die sich immer
abwechselnd die Herrschaft über die sieben Tage der Woche teilen.
Als nächstes schuf Shasa Yombo, den Herrn der Erde, der über die
Mbende, die Erdgeister gebietet.
Die nächsten Götter, die Shasa schuf, waren die Zwillinge Issia
und Murari. Issia vereinigte sich mit Yombo und das Leben entstand auf der
Erde. Es entstanden als erstes die Bumbuna, die Geister des Wachstums und
die Inu, die Seelen. Beide sind Gebieter über die Abatwa, die
Geister der Tiere, und die Bumba, die Geister der Pflanzen. Es entstand
auch ein Wesen, das auf zwei Beinen lief, der Mensch. Er lag zuerst im Staub der
Erde. Dann erblickte er die Sonne und erhob sich. Über die Menschen hatten
zuerst nur die Kibaru, die Geister der Musik und des Tanzes, die
Tiassalé, die Geister der Freude und des Rausches, und die
Ogonu, die Geister der erotischen Liebe, die alle Geschöpfe Issias
sind, Einfluß.
Die Menschen lebten sorglos in Freude und waren wie alle Wesen unsterblich, denn
zu dieser Zeit gab es nur Ngangoloko, die Sonne. Aber sie waren äußerst
dumme, einfältige und wehrlose Wesen.
Murari waren die Menschen die liebsten Wesen und er hatte Mitleid mit
ihnen ob ihres jämmerlichen Zustandes. Er gab ihnen als einzigen Lebewesen
außer den Göttern Verstand, die Wissenschaften und die Magie. Dem
Murari Untertan sind die Mborà, die Wünsche, Träume
und Ideen, die Dalaba, die Geister des Handels und die Yana, die
Geister des Handwerks.
Murari gab den Menschen auch Waffen und mit Hilfe der Bula, der Geister
des Kampfes, die in jeder Waffe wohnen, und der Daloa, den Geistern der
Jagd, machten sie sich die Tiere und Pflanzen untertan. Dies gefiel natürlich
Yombo und Issia überhaupt nicht und sie verwandelten Murari in einen Frosch;
in dieser Gestalt befindet er sich noch heute.
Für die Mbaous ist der Frosch daher der König der Tiere, dessen Tod als
Unglücksweisung des Schicksals gilt. Aber auch als Frosch besaß Murari
noch seine gesamte Macht und war viel klüger als alle anderen Götter.
Die anderen Götter versuchten Murari in seiner Froschgestalt zu beseitigen,
aber Murari überlistete alle Ungeheuer, die die anderen Götter ihm
schickten und wurde schließlich zum Götterkönig.
Trotzdem sind weiterhin fast alle Götter den Menschen feindlich gesinnt. Nur
Issia änderte ihre Meinung über die Menschen, nachdem ihr
Zwillingsbruder Murari sie dazu überredet hatte. Yombo mag die Menschen am
wenigsten, sind sie doch aus der Erde aufgestanden und haben ihn dessen nicht
einmal eines Blickes gewürdigt! Bis heute bitten die Mbaous für dieses
Vergehen um Verzeihung aber Yombo ist ein ziemlich beleidigter Gott und er
vergißt ungefähr so schnell, wie ein Berg zu Staub zerfällt. Die
Mbaous versuchen, Yombo nicht noch mehr zu beleidigen, indem sie die Erde ehren
und keinen Bergbau betreiben.
Die Menschen lebten bis dahin friedlich in ihrer Unsterblichkeit, bis Buyo, der
auch Gott der Zeit ist, erkannte, daß man den Verlauf der Zeit gar nicht
merken konnte. Deshalb schuf er Sakarabru, den Gott der Nacht, der
über Rona, den Mond, und Manga, die Sterne, gebietet. Rona hat
zwölf Kinder, die sich die Herrschaft über das Jahr teilen. Seitdem
teilen sich Sakarabru und Nsawama abwechselnd den Himmel. Da es nun Zeit gab, gab
es auch den Tod. Sakarabru wurde deshalb auch Gott des Todes, der über die
Toten richtet. Weiterhin gebietet er über die Imwandwa, die Gespenster.
Als letzten Gott schuf Shasa Tu. Tu war das Böse, immer darauf
bedacht, Shasas Schöpfung zu zerstören. Die neue Entdeckung des Todes
war Tu eine willkommene Gelegenheit. Er gebietet über die Konongo, die
Geister der Zerstörung, die Loa, die Geister des Schicksals und der
Rache, die Abiku, die Geister der Krankheiten und die Mtabwa, die
Geister der Zwietracht, die er unter die Menschen schickte. Von da an gab es Neid
und Mißgunst unter den Menschen. Es gab den ersten Mord eines Menschen an
einem Menschen und die ersten Kriege. Murari befindet sich ständig im Kampf
mit den mächtigen Geschöpfen Tus, um Tus Einfluß auf die Welt so
gering wie möglich zu halten.
(me)
|