Tier- und Pflanzenwelt
Die Vegetation des Deltas ist hauptsächlich auf das Wasser ausgerichtet. Man findet kaum hohe Bäume – die Mangrovenhölzer
an den Mündungen sind selten höher als zwei Schritt. Die wenigen Weiden, Sumpfeiben und Zypressen, die im seichteren
Wasser der flacheren Sümpfe und Moore stehen, erreichen dagegen Größen von über 30 Schritt. Landeinwärts ist die Landschaft
durchaus mit dichten Wäldern aus Tannen und Zedern bestanden, in den Mooren findet man auch häufig Birken. Da der Fluss in
seinen Launen gern einmal ganze Landstriche unter Wasser setzt, wenn er sein Bett verlagert, findet man auch häufig abgestorbene
Wälder in den Fluten, deren verfaulte Baumstämme aus dem Wasser ragen.
Weitaus häufiger ist hingegen der Anblick übermannshoher Binsen- und Schilfwälder, aber auch Schachtelhalme und Fächerfarne.
Auf dem Wasser schwimmen weitläufige Tangmatten, im Sommer wuchern die flachen Gewässer mit den verschiedensten Algen zu.
Allgegenwärtig an den Ufern sind Wollgras und Torfmoos.
In dieser vom Wasser bestimmten Welt leben zahlreiche Tierarten. Allgegenwärtige Plagegeister sind die Myriaden von Moskitos,
Fliegen und anderem schwirrenden Getier, das in den flachen Tümpeln ideale Brutbedingungen für seine Eier findet. Im Hochsommer
stehen sie in dichten Wolken über den Wassern, bieten reichlich Nahrung für die verschiedensten Wasservögel, die wiederum hin und
wieder von vereinzelten Lirgos gejagt werden. Im Unterholz und Ufergestrüpp sind Baumhörnchen, Frett, Siria, Igul, Blauweber,
Schilfrohrsänger und tausende andere Vögel oder Nager zu Hause.
Größere Tiere sieht man nur sehr selten. Hin und wieder sieht man einen einsamen Königshirschen oder eine Gruppe kurzhaariger
stahlgrauer Mammuts durch das Wasser waten und sich an dem reichhaltigen Pflanzenangebot gütlich tun. Ansonsten sind die größeren
tierischen Bewohner im Delta domestizierte Schafe und Rinder wie Kalenbullen, Šikkas und Baglare.
Im und auf dem Wasser tummeln sich unzählige Frösche und Lurche, Biberratten und Wasserniulas sowie Enten, Möwen und Grylls und
selbstverständlich eine Vielzahl an Fischen. Jedes Jahr im Frühling finden sich die geheimnisvollen Kôru-což („Meergeister“) im
Ardonsee ein, um dort ihre Jungen zur Welt zu bringen, wobei die Exemplare dieser äußerst scheuen Walart im Dunkeln grünlich schimmern
und den Fischern gehörig Angst einjagen.
Doch weit größere Angst hat man im Kalch vor den unheimlichen Geisterwesen im Nebel tief in den Sümpfen. Man erzählt sich wilde
Schauergeschichten über Lichter, Schemen und betörende Stimmen, die arglose Wanderer zu sich locken, von ruhelosen Geistern
getöteter Verbrecher oder von Toren in andere Welten auf dem Grund schwarzer Tümpel, durch die Monster mit ihren Tentakeln nach Booten
schnappen. Schon mancher Wanderer und Fischer ist tief in den Sümpfen verschollen, doch waren daran wirklich böse Geister schuld?
Geister und seltsame Geschöpfe im Kalch
Viele Schauermärchen erzählt man sich von geisterhaften und unheimlichen Wesen in den Tiefen der Sümpfe und einige dieser Geschichten
tragen ein Körnchen Wahrheit in sich.
Lirrit
Diese etwa ellenlangen pelzigen Wesen mit Ruderschwanz und großen schwimmflossenversehenen Füßen scheinen die ursprünglichen Bewohner der Sümpfe
gewesen zu sein. Von der Zivilisation und ihrer Besiedlung des Deltas wurden sie in die unzugänglichsten tiefsten Sümpfe abgedrängt, wo sie
heutzutage ein scheues und zurückgezogenes Dasein als Fischer und Jäger fristen. In ihren kleinen geflochtenen Kähnen paddeln sie durch die Schilfwälder
und schleudern aus ihren Schnäbeln klebrige Netze auf Vögel und Insekten. Sie hängen diese Netze aber auch ins Wasser und lassen Fische sich darin
verfangen.
Wer sich tief in die Sümpfe wagt, mag diese scheuen Wesen vielleicht zu Gesicht bekommen, die größtenteils völlig harmlos sind, solange sie in Ruhe
gelassen werden. Jedoch erzählt man auch Geschichten von bösartigen Jägern und Fallenstellern, die in die klebrigen Netze der Lirrit gerieten und
jämmerlich ertranken.
Nalwen
Nur im dichten Nebel anzutreffen sind diese geisterhaften Erscheinungen, die sich als Stimmengemurmel, tanzende Schemen und wandernde Lichter
äußern. Schon so mancher neugierige Wanderer wurde von diesen Erscheinungen angelockt und fand sich inmitten einer fröhlichen Gesellschaft dieser
Nebelwesen wieder, die keinerlei Notiz von ihren Besuchern zu nehmen schienen. Nicht wenige verliefen sich dabei im Sumpf und kehrten nie wieder zurück.
Untersuchungen der Sphaerologischen Gesellschaft Restima zufolge könnte es sich bei den Nalwen um Projektionen, Echos von Wesen aus anderen Sphären handeln,
an denen die feinen Nebeltröpfchen beschlagen. Da die Nalwen stets fröhlich und ausgelassen erscheinen wird ebenso vermutet, dass das neblige Wetter
im Kalch auf diese Wesen wie ein erfrischendes Kurbad wirkt, in das man sich zur Entspannung begibt. Die Nalwen sind völlig harmlos – abgesehen von ihrer
anlockenden Wirkung auf neugierige Wanderer.
Hunglal
Noch um einiges scheuer und verborgener als die Lirrit sind diese rätselhaften Wesen, deren tatsächliche Existenz ernsthaft angezweifelt wird.
Sie sollen in der Form schwarzer verrotteter Baumstümpfe lauernd durch die Sümpfe treiben und nach allem schnappen, was in ihre Nähe gerät.
Dieser Mythos entstand gewiss durch die Betrachtung verrottender Baumstämme, die wie bizarre Lebewesen aussehen. Dass einige dieser Baumstämme
tatsächlich lebendig sind, wird von vielen Gelehrten bestritten.
Gnog
Eine äußerst gefährliche Sumpfkreatur ist Gnog, ein Wesen aus Schlamm, das lauernd im Morast auf Beute wartet und alles und jeden in sich
hineinzieht und verschlingt, was ihm zu nahe kommt.
Sicherlich gibt es hin und wieder einmal Gebiete mit Treibsand in den Sümpfen, in denen größere Wesen langsam versinken und sich kaum befreien
können. Inwiefern es lebendigen Teibsand im Kalch gibt, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Man nimmt an, dass es sich bei Gnog – sollte es
existieren – um ein Wesen aus der Familie der Riesenamöben handeln könnte.
Midohz
Nahezu unglaublich klingt die Legende von den Midohz, den „Schlammwandlern“. Verirrten Wanderern im Sumpf stehlen sie die Seele aus dem Körper.
Wer den Midohz begegnete, kehrt manchmal zurück in seine Heimat, oft verwirrt und seines Verstandes beraubt. Nach dem Tode zerfällt die Leiche
eines solchen Menschen zu Schlamm. Andere Geschichten berichten davon, dass die Midohz die Körper ihrer Opfer aus Schlamm nachbilden und mit der
geraubten Seele anstelle ihrer Opfer in die Heimat zurückkehren und dort deren Platz einnehmen. Auch in dieser Variante der Legende zerfallen ihre
Körper nach dem Tode sofort zu Schlamm.
Ein Midohz verfügt über keine Körperwärme und riecht unentwegt nach fauligem Sumpfwasser, so sehr er sich auch waschen mag. Aus seinen Wunden sprudelt
kein Blut sondern es fließt ölig schwarzes Sumpfwasser hinaus.
(dr, me)
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