Landesnatur und Klima
Prägend für die Landschaft ist der ständige Wechsel von Wasser und Land. Die Kalenach bildet unzählige Flussläufe,
die ein wirr verästeltes Geflecht zahlloser Inseln bilden. Die meisten davon sind kaum mehr als ein Stück Schwemmland
oder einfache Sandbanken mit ein paar Grasbüscheln darauf, die nach ein paar Jahren überflutet und fortgeschwemmt
werden. Nur an wenigen Stellen hat sich dauerhaftes Marschland bilden können. Markenzeichen der Landschaft ist ihre
absolute Unbeständigkeit. An manchen Stellen werden Jahr für Jahr Massen von Schlamm abgelagert und schaffen neues
Land, an anderen reißt der Strom das Land mit sich. Entstehen und Vergehen vollziehen sich mit beispielloser
Schnelligkeit. Die Arme des Stroms verändern ständig ihren Lauf, Flussschleifen werden zugeschwemmt und bilden
Altwasser oder versumpfen. Überschwemmungen bedrohen die Zivilisation ebenso wie die Verlandung der Häfen, gegen die
einige Städte mit großem Aufwand vorgehen. An einigen Stellen der Hauptflussläufe sind die Ufer inzwischen befestigt
und eingedeicht und halten so das Wasser nahezu beständig in seinem etwa zwei bis drei Schritt tiefen Bett. Im
Zentrum jedoch – etwa zwischen Restima und Brenn – befindet sich das Gesicht der Landschaft in stetig veränderlichem
sumpfigem Wandel, ebenso wie ein paar Meilen weiter westwärts zwischen Tensesz und Tevesze. Ohne erfahrene
ortskundige Lotsen sollte man nicht in diese Regionen voller tückischer Strömungen und Untiefen eindringen, wenn man
nicht sein Schiff auf Grund setzen will.
Gen Osten ist das Delta der Kalenach weitaus weniger verästelt. Dort bildet es den Ardonsee, ein Süßwasserbinnenmeer,
das zwischen 5 und 9 Schritt tief ist. Weiter im Osten geht der See in eine Wattlandschaft mit großen sandigen und
waldbestandenen Düneninseln über, zwischen denen die Schifffahrt wesentlich weniger gefährlich ist als im sumpfigen
Herzen des Deltas.
Um die 720.000 Bewohner aus verschiedenen Völkern beherbergt das Delta. Sieben bedeutende Städte liegen im Kalch,
deren Einfluss weit über die Stadtgrenzen hinausreicht. So kann man die Einflussbereiche der Sphären mit Fug und
Recht als die sieben „Provinzen“ des Städtebundes bezeichnen, die allesamt ihr eigenes Gesicht haben und eine andere
Facette des Stoms und des Deltas beleuchten.
Rhinze
Rhinze ist mit seinen etwa 140.000
Einwohnern der bevölkerungsreichste Teil des Bundes. Das Umland der nördlichsten der sieben Städte wird noch vom
fruchtbaren Schwemmland des großen Stromes bestimmt, der hier erst beginnt, seine Arme zu verzweigen. Mächtig und träge
treibt das schlammig rotbraune Wasser an den fruchtbaren Feldern und Marschen vorbei. Der Norden um die Stadt Rhinze
herum ist außerordentlich dicht besiedelt. Der Fluss ist hier nahezu durchgängig eingedeicht, über Jahrhunderte hinweg
wurde Erde aufgeschüttet und mit Schutt und Geröll befestigt, so dass die Deiche ebenso auch als gut befestigte Straßen
nutzbar sind.
Weiter südlich, wo sich der Fluss in die langgezogenen Flussinseln Vedsen, Zaosa und Baicses aufgespalten hat, säumen
lichte Auenwälder die Ufer. Silberweiden, Erlen und Birken, dazu ein Gewirr aus Teichen und alten Flussarmen bestimmen
das Bild. Auf dem Weg südöstlich nach Restima verliert sich der Flusslauf schließlich in undurchdringliches sumpfiges Gewirr.
Wer außerhalb der befestigten Flussufer seine Felder bestellt, gibt sich den Launen des Flusses hin. Wohl wird mit dem
Frühjahrshochwasser außerordentlich fruchtbare Erde angeschwemmt, doch mit jeder Überschwemmung nimmt die Kalenach jedes
Mal ein gutes Stück Ackerland mit sich und nicht selten auch das Leben eines Bauern.
Nach Osten hin schließt sich hügeliges Hinterland mit dichten Pinien- und Akazienwäldern an, das kaum mehr an die
Flusslandschaft des Kalch erinnert.
Restima
Der größte Teil des Umlandes von
Restima mit seinen etwa 118.000 Bewohnern hat nur wenig mit der Flusslandschaft des Kalch zu tun. Hauptsächlich besteht
die Gegend aus heidebewachsenem hügeligem Hinterland, durch das sich der etwas weniger beeindruckende östliche Seitenarm
der Kalenach wälzt, bis er in den Ardonsee mündet.
Erst im Westen der Stadt Restima, auf der Insel Kalach, erstreckt sich eine weitläufige Sumpflandschaft voller Tümpel
und Inselchen, mit hohem Reet und Schilf bewachsen, dass sich nicht immer sagen lässt, wo das Land beginnt und wo das
Wasser endet. Nach jedem Regenguss und mit jedem Hochwasser ändert die Landschaft ihr Angesicht und scheint jedes
Bestreben, sie in Grenzen zu zwingen und so zu begreifen, zurückzuweisen. Weit im Westen von Kalach beginnt schließlich
der ursprünglichste und unüberschaubarste Teil des zentralen Kalch. So viel Nebel gibt es hier und immer trübe ist es,
dass gar die Fronten zwischen Tag und Nacht verschwimmen. Und in diesem Nebel liegen dann Orte verborgen, wo gar die
Grenzen zur Anderwelt manchmal keine mehr sind.
Kein befestigter Weg führt in diese Zwischenwelt aus Land und Wasser, und abseits der größeren Flussarme wagen sich
selbst die einheimischen Lotsen nur ungern, da man sich Geschichten von unwirklichen Gestalten erzählt, die hier im
Nebel umgehen sollen, Grenzgänger aus jenseitigen Reichen hier im Grenzland zwischen Wasser und Land, zwischen Traum und
Wirklichkeit.
Mit Sicherheit haben einige norrische Schmuggler und Banditen ihre Verstecke und Stützpunkte in den Sümpfen, horten dort
ihre Schätze und Vorräte und genießen die Gewissheit, vor jeglicher Nachstellung absolut geschützt zu sein.
Octesia
Die Gegend von Octesia, das
westliche Ufer des Ardonsees, gehört strenggenommen gar nicht zum Delta der Kalenach, sondern wird von den aus dem Süden
kommenden Flüssen gespeist, vor allem vom Čor-čín mit seinem milchig weißem und warmem Wasser.
Die dicht besiedelten und die meisten der etwa 130.000 Einwohner beherbergenden südlichen Inseln um die Stadt Octesia
herum wurden im Laufe der Zeit stark befestigt und sind heute kaum noch den Launen der Fluten ausgeliefert. Ausgedehnte
Felder und Weiden bestimmen hier das Landschaftsbild. Auch die weiteren Inseln, welche direkt an den Ardonsee grenzen,
wurden von den Segnungen der Zivilisation mit ihren Deichen und Entwässerungsgräben heimgesucht.
Reist man jedoch ins größtenteils unbewohnte Hinterland im Nordwesten der Region, so stößt man zwischen den Inseln Oaret
und Taia auf unberührte ursprüngliche Sumpflandschaft, auf das wilde und undurchdringliche Herz des Kalch mit seinen
unzähligen Inselchen und Wasserwegen. Matschigbraun, nebelgrau und in dunklem Grün zeigt sich die Weite der
Sumpflandschaft. Das Wasser hier ist klar und rein, doch erscheint der Grund tief schwarz. Von trügerischer Sicherheit
scheinen die wenigen festen Flecken. Was eine solide Grasdecke zu sein scheint, erweist sich oft als schewimmender
Teppich, der schwarzen, schwefligen Morast verbirgt und unvermittelt tun sich unermesslich tiefe Löcher im Sumpf auf
– Tore in die Welt seelenloser Geschöpfe. Im Nebel soll man umherirrende Lichter und schattenhafte Schemen umhergeistern
sehen können, aus den Bäumen erklingt verführerisches Geflüster, aus dem Morast hört man ersticktes Wehklagen. Die
ursprüngliche Geisterwelt des Kalch hat hier eines ihrer letzten Refugien gefunden und der Nebel verwischt die Grenzen
zwischen den Welten der Geister und der Lebenden. Wenn auch die eigentlichen Moorgeister den Lebenden nichts zuleide
tun, so sind es doch die bösartigen Geister ruheloser Verbrecher, welche ihre klammen Hände aus dem Morast heraus
ausstrecken nach allem was lebt, stets danach trachtend, der Welt der Geister zu entkommen oder Lebende in die
verborgene Welt hinüber zu ziehen.
Selbst die Norren wagen sich nicht in diesen Bereich der Sümpfe. Oder nähren sie bewusst die Schauergeschichten um die
Sumpfgeister, um ihr zwielichtiges Treiben tief in den Sümpfen noch ungestörter ausführen zu können?
Muil
Östlich des Ardonsees schließt sich mit
der Region um Muil eine Landschaft an, in der nichts an die unwegsamen Sümpfe des Kalch gemahnt. Das östliche Ufer des
Ardonsees läuft in eine weitläufige Wattlandschaft aus, die je nach Gezeitenstand mal mehr, mal weniger von Wasser
bedeckt ist. Von der Strömung des Flusses ist hier kaum noch etwas zu bemerken und bei Flut drückt das Meerwasser aus
dem Regenmeer westwärts das Flussbett hinauf, kehrt die Fließrichtung des Wassers komplett um, das brackige schlammig
grüne Wasser wühlt den Boden auf und gräbt tiefe Rinnen ins Flussbett, die sich im Laufe der Zeit immer mehr festigen,
so dass die Küsten der drei großen Inseln im Strom Iaen, Neom und Maen weitaus weniger im Wandel begriffen sind als die
anderen Küstenlinien im Delta. Die Inseln sind von breiten Sandstränden mit ausladenden Dünen gesäumt, die weiter im
Landesinneren von satten grünen Wiesen zusammengehalten werden. Soweit das Auge reicht, sieht man hier nichts als flache
Ebenen, hin und wieder von einem lichten Gehölz aufgelockert, ansonsten aber saftiges Weideland für die hier gehaltenen
Kalenbüffel und Baglaren oder als Getreidefelder genutzt. Im Hochsommer von bunt blühenden Feldblumen bedeckt, dass es
dem Auge eine wahre Freude ist.
Den Siedlungsschwerpunkt der Region bildet vornehmlich die Insel Neom, auf der die meisten der etwa 82.000 Einwohner
beheimatet sind.
Weiter gen Süden, wo sich schließlich das offene Meer anschließt, bekommt die Landschaft wieder stark sumpfigen
Charakter und das Flussufer fasert sich zu kleinen Inselchen und Prielen mit trügerischen Untiefen und heimtückischen
Strömungen auf, in denen man schnell die Orientierung verliert und mitunter nicht einmal das Meer findet. Diese
Sumpflandschaft beschränkt sich lediglich auf die Westküste der Insel Maen. Das Ostufer ist frei für die Schifffahrt und
folglich als einer der wichtigsten Zugänge ins Kalch sehr stark frequentiert.
Brenn
Im Herzen des Kalch liegt Brenn – mit
nur etwa 60.000 Einwohnern eine der eher dünn besiedelten Gegenden des Kalch. Will man das Delta von Meer zu Meer
durchqueren, so führt kein Weg am Gebiet Brenns vorbei.
Im Osten dieses Gebietes liegt das Alach, die zweite größere offene Wasserfläche neben dem Ardonsee, ein flacher See,
der nur an wenigen Stellen tiefer als zwei Schritt ist und vor allem in den heißen Sommermonaten einen fauligen Gestank
verströmt. Die Landschaft dieser Gegend ist nur im Südwesten der südlich gelegenen Insel Ziszeg sumpfig geprägt. Auf den
anderen großen Inseln Oiszu, Brenn und Joleat findet sich hingegen von saftig grünem Gras bewachsenes fruchtbares
Schwemmland mit Schilf- und Reetinseln, durchsetzt sowohl mit lichten Birkenwäldern als auch urwüchsigem Tannendickicht
oder ausladenden Trauerweiden am Ufer der zahlreichen Flussarme und Tümpel.
Je weiter man nach Norden reist, desto weniger Einfluss des riesigen Wassernetzes ist hier noch zu spüren. Der
nordwestliche Arm der Kalenach, welcher die Grenze zwischen der Insel Joleat und den kalenischen Königslanden bildet,
führt in letzter Zeit immer weniger Wasser und droht allmählich zu verlanden. Südlich von Joleat wird dieser Flussarm
allerdings wieder tiefer und breiter, so dass nur der genannte Flussabschnitt zu verschwinden droht. Doch wer weiß,
vielleicht ändert die Flusslandschaft schon mit dem nächsten großen Hochwasser ihr Gesicht radikal.
Trevern
Die etwa 95.000 Einwohner
beherbergende Region um Trevern gehört kaum zum Flusssystem der Kalenach, hat lediglich Anteil an einem ihrer Arme, der
gleichzeitig die Südgrenze der Region bildet, bevor sich teilt, die sumpfige Insel Nenisz umspült und schließlich in den
Golf von Râd-Šali mündet. Vielmehr liegt die Gegend im Mündungsbereich des tlitlatlischen Stroms Batlantl, der seine
Wassermassen hier denen des Kalch hinzufügt.
Der Südwesten der Region wird von ausgedehnten Sümpfen beherrscht, durch die mit dem Schiff nur schwer eine sichere
Passage zu finden ist. Die bereits erwähnte andere Sumpfregion an der Mündung in den Golf von Râd-Šali besteht dagegen
eher aus Mangrovenwäldern und weitläufigen Tangteppichen. Der Rest der Region ist dagegen kaum vom Fluss geprägt und
besteht aus Heide, Wiesen und lichten Wäldern, nach Norden hin nimmt die Landschaft gar steppenhafte Züge an. Der
Batlantl schlängelt sich eher unspektakulär durch diese weitläufigen Wiesen. Erst kurz hinter der Stadt Trevern beginnt
er sich zu verzweigen und sein Aussehen dem vorherrschenden Bild des Kalch anzupassen.
Kreszent
Den bevölkerungsärmsten Teil des
Städtebundes stellt die Region von Kreszent mit ihren lediglich etwa 55.000 Einwohnern. Das Gebiet des westlichsten
Bundesgenossen erstreckt sich über die Inseln Vuszog, Vesze, Naszil und Naszmi. Hier zeigt noch einmal das Kalch sein
vertrautes Gesicht mit den vielen verflochtenen Wasserstraßen und der mit der Flut wandelbaren Landschaft, bevor sich die
Fluten der Kalenach in den Golf von Râd-Šali ergießen. Vor allem die Insel Naszmi ist zu großen Teilen von dichtem
ursprünglichem Wald bestanden, der im Osten Richtung Meer in Mangrovensümpfe übergeht. Ansonsten sind im Kreszener
Gebiet kaum Sümpfe anzutreffen, dafür allerdings ausgedehnte Binsenwälder und Schilfinseln. Wo das Land dauerhafter
nicht den Launen des Flusses ausgesetzt ist, hat die Zivilisation mit ihren Feldern und Entwässerungsgräben Einzug
gehalten. Die Hauptarme des Flusses werden im Moment gerade mit Deichen versehen, um der Flussschifffahrt beständige
Routen zu sichern.
Klima
Das Klima im Delta zeigt sich durchgängig gemäßigt. Vorherrschend sind Westwinde, welche die Regenwolken über den
Damaéischen Ozean blasen, die über der flachen wasserreichen Fläche des Kalch oftmals ungehindert gen osten ziehen und
nur selten mit voller Wucht abregnen. Die Ursache für die verheerenden Fluten im Delta liegt in der Schneeschmelze in
den hohen Bergen des Talasch begründet. Nahezu alle Gewässer, die in diesem Gebirge entspringen, münden früher oder
später in die Kalenach, weshalb jedes Frühjahr gewaltige Flutwellen bis hinab ins Delta rollen.
Die Sommer sind nicht übermäßig heiß und die Winter zeigen sich recht milde. Schneefall hält sich in Grenzen, und nur
selten friert die Kalenach zu. Bemerkenswert ist auf jeden Fall der Nebel, der sich nahezu jeden Abend über das Kalch
legt und an manchen Tagen nicht auflösen mag.
(me)
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