Staatsstruktur
Die sieben Städte Rhinze, Restima, Octesia, Muil, Brenn, Trevern und Kreszent schlossen sich 98 n.L. zu einem Bund unabhängiger
Städte zusammen und sagten sich von der Herrschafte Garčal-kôrs bzw. Kalen los, um selbstbestimmt und frei ihren Geschäften
nachzugehen. Oberste Ideale dabei waren Freiheit und Gleichheit. Nie wieder sollte der gesellschaftliche Stand über die Rechte
eines Einzelnen entscheiden, nie wieder sollte eine Person über einer anderen stehen und nie wieder sollte das Volk einem
Herrscher Gehorsam schulden.
Sinnbild für die Gleichheit und Selbstbestimmtheit der Sieben Städte und ihrer Bürger ist das Signet des Bundes, das auch dessen
Flagge ziert: Es zeigt sieben stilisierte Segelschiffe, die gleichförmig um ein Zentrum drapiert sind. In einigen Versionen sind
die Rümpfe der Schiffe in den sieben Farben des Regenbogens gefärbt, um sie den verschiedenen Städten zuordnen zu können. Jedoch
ist keines der Schiffe besonders hervorgehoben - alle sind gleich und stehen jedoch jedes für sich allein. Keines schreibt einen
Kurs vor, den es zu segeln gilt und trotzdem sind sie eine Einheit, um ein gemeinsames Zentrum gruppiert.
Freiheit und Gleichheit
Im Manifest der Unabhängigkeitsverkündung von 98. n.L. sind die grundlegenden Prinzipien der Freiheit und Gleichheit festgeschrieben:
„Wir, die Vertreter der Freien Städte im Kâlch, halten es für das unveräußerliche persönliche Recht eines jeden Bürgers, über die
nachfolgend genannten sieben Freiheiten zu verfügen. Eine jede dieser Freiheiten darf nur in soweit ausgelebt werden, als dass keine
der höherwertigen Freiheiten dadurch eingeschränkt wird.
Der persönliche Glaube des Einzelnen darf nicht Wege und Handlungen Anderer beschränken, Wissenserwerb und Worte der anderen verbieten
oder der Anderen Leben und Gedanken beeinträchtigen.
Ein Jeder ist in seinen Handlungen völlig frei, solange er nicht anderen die Wege oder ihnen den Zugang zum Wissenserwerb
verbietet, ihnen das freie Wort verbietet und ihnen Leben und Gedanken nimmt.
Ein Jeder soll frei seines Weges gehen, solang er nicht anderen Zugang zum Wissen versperrt, Worte, Denken und Leben der Anderen
beeinträchtigt.
Ein Jeder sei frei im Erwerb von Wissen, solange dies nicht dazu diene, die Worte, Gedanken und Leben der Anderen zu beschränken.
Die Worte eines Jeden seien frei.
Die Gedanken eines Jeden seien frei.
Das Leben eines Jeden sei frei.
Wir halten es ebenso für das unveräußerliche Recht eines Jeden unserer Bürger, in Gleichheit mit einem jeden anderen
Bundesgenossen zu leben. Niemand sei einem anderen Genossen über- oder untergeordnet. Ein jeder Bürger sei gleich vor dem Gesetz und in
der Gesellschaft, ungeachtet seines Äußeren, seiner Rasse, seiner Herkunft, seines Geschlechts, seines Besitzes und seines Glaubens.
All dies soll nicht bestimmend sein für Ansehen und Ruf in der Gesellschaft, sondern einzig und allein Taten und Verhalten.“
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In der Praxis funktioniert dieses System der Freiheiten und Gleichheiten allerdings nicht ganz so reibungslos wie es sich die
idealistischen Verfasser des Manifests vorgestellt haben mögen. So gibt es gewisse Unstimmigkeiten die Wertigkeit der einzelnen
Freiheiten untereinander. Besonders umstritten ist hierbei die Freiheit des Wissens. Selbstredend darf nicht jeder alles wissen und der
Zugang zu bestimmten Informationen steht ganz gewiss nicht jedem frei. Das Wissen darüber, wie man das Leben anderer Leute schädigen
oder beenden kann, ist keineswegs verboten oder eingeschränkt zugängig, wie es laut Manifest wohl sein sollte.
Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen (Hauptsächlich Regierunsbelange betreffend) sind jedoch im Großen und Ganzen die sieben
Freiheiten aus dem Manifest tatsächlich für jeden Bürger gewährleistet und die Bundgenossen werden nicht müde, wieder und wieder in
ihrem täglichen Umgang miteinander darauf hinzuweisen. Besonders auf Rede- und Meinungsfreiheit wird verstärkt Wert gelegt und eine
lebendige Streitkultur hat sich entwickelt. Eine Vielzahl an Zeitungen und Flugblättern erscheinen regelmäßig in den Städten und
überschütten die Bundgenossen mit Meinungen und Stellungnahmen zu allen möglichen Themen.
„Das Volk hat zwar von Nichts eine Ahnung, aber zu Allem eine Meinung“, heißt es abschätzig in Regierungskreisen, weshalb viel dafür
getan wird, Volkes Meinung und Volkes Stimme zu kanalisieren und zu steuern - mit durchwachsenem Erfolg. Allzu plumpe Propagandaversuche
erreichten in der Vergangenheit schon des öfteren genau das Gegenteil des eigentlich Beabsichtigten. Denn schließlich herrscht ja
Meinungs- und Redefreiheit und man will sich von niemandem vorschreiben lassen, was man zu denken hat...
So gibt es eine Vielzahl an Parteien und Interessengruppen, die stets allesamt überall mitreden und mitbestimmen oder zumindest
berücksichtigt werden wollen. Denn schließlich ist ja jeder Bundgenosse gleich und darf auf keinen Fall übergangen werden...
Die Herrschaft der Gilden
Selbstverständlich führt ein solches System zwangsläufig zu endlosen Debatten, die niemals zu einem Ergebnis kommen und somit die
Entwicklung des Städtebundes lähmen. Da ein Einzelner nur wenig Einfluss ausüben kann, schließt man sich zu größeren einflussreichen
Gruppen zusammen, die die Interessen ihrer Mitglieder vertreten. Prägend für das gesellschaftliche und politische Leben im Städtebund
sind die Gilden. In ihnen der größte Teil der Einwohnerschaft organisiert, ja es ist nahezu notwendig, einer Gilde anzugehören, um sich
in die bundgenössische Gesellschaft zu integrieren. Eine Gilde ist ein Zusammenschluss einer bestimmten Berufsgruppe. Sie sorgt für ihre
Mitglieder, wahrt ihre Interessen, beschert Aufträge und Arbeit, stellt Unterkünfte, bietet rechtlichen Beistand, ist generell eine
eingeschworene Gesellschaft. Wer keiner Gilde angehört, bleibt ganz auf sich allein gestellt und hat von keiner Seite mit Hilfe zu
rechnen. Einer Gilde ganz alleine Konkurrenz machen zu wollen, ist ein hoffnungsloses Unterfangen.
Niemand wird gezwungen, einer Gilde beizutreten - schließlich herrschen im Städtebund die Freiheit des Weges und die Freiheit des
Handelns. Doch darum ist es de facto nicht so rosig bestellt wie im System vorgesehen. Die Gilden wachen argwöhnisch über ihre
Berufsmonopole, und wer sich abseits der Gilden in ein solches Monopol einzumischen wagt, der wird schnell die Macht der Gilden zu
spüren bekommen. Geschäfte an den Gilden vorbei sind nahezu unmöglich zu führen. Dabei gebrauchen die Gilden keineswegs Gewalt oder
Repressalien, nein sie bedienen sich lediglich den Gesetzen des freien Marktes, und durch ihre Macht und ihre Ressourcen sitzen sie
einfach am längeren Hebel – sie haben sie bisher noch immer geschafft, unliebsame Konkurrenz geschäftlich zu ruinieren. Wer sich jedoch
den Gilden anschließt, kann mit deren uneingeschränkter Unterstützung rechnen. So ist es reichlich unvernünftig, sich keiner Gilde
anzuschließen. Freiheitsliebende Individualisten, die sich keiner Gilde anschließen wollen, fristen ihr Dasein vornehmlich als
Abenteurer und Glücksritter, sofern sie nicht zu Bettlern und Dieben werden. Gilden jener letztgenannten Berufsstände exisitieren
offiziell nicht, wenn auch man sich sicher sein kann, dass auch dieses „Gesindel“ sich organisiert.
Die Gilden sind nicht nur Berufsgenossenschaften, nein sie sind viel mehr: Für ein einfaches Gildenmitglied ist die Gilde Familie,
soziales Umfeld und Lebensinhalt. Viele ihrer Mitglieder begleitet und umsorgt eine Gilde von der Geburt bis in den Tod. Als Kind
wird man in gildeneigenen Jugendhäusern aufgezogen und unterrichtet, ergreift schließlich einen gildeninternen Beruf, wohnt mit
anderen Gildenmitgliedern in Gemeinschaftswohnungen, bekommt Kinder, die wieder von der Gilde aufgezogen werden, wird bei
Krankheiten und Unfällen von der Gilde umsorgt und wird schließlich im Alter in gildeneigenen Pflegeheimen betreut.
Die Gilden als eingeschworene Gemeinschaften sind regional und überregional organisiert – vom Straßenblock über einzelne Stadviertel
bis hin zu Städten und Provinzen bilden sie mächtige Organisationen mit loyalen Mitgliedern – eigene Staaten im Staate.
Die Regierungen der einzelnen Städte werden von den gewählten Vertretern der Gilden gestellt. Nach einer höchst komplizierten
ausgeklügelten Quotenregelung stellt jede Gilde, jedes Stadtviertel eine gewisse Anzahl an Vertretern in den Stadtrat. Dieser hat die
Aufgabe, große, gemeinschaftliche gildenübergreifende Unternehmungen zu koordinieren. Dazu gehören sämtliche stadtplanerischen
Fragen wie der Ausbau von Straßen, Bau von Häuserblocks, Instandsetzung der Befestigungsanlagen und das Kommando der Streitkräfte.
Das stehende Heer wird von allen Gilden gleichermaßen finanziert und kontrolliert. damit sich keine eigenständige „Kriegergilde“ bilden
kann, die ein unkontrollierbares Risiko für die heißgeliebten Freiheiten bedeuten würde. In Krisenzeiten werden häufig freie
Söldnertruppen angeworben oder Freiwillige Bürgerwehren aus der Bevölkerung verstärken die Truppen.
Die Mannschaften und Offiziere der Marine unterstehen allerdings größtenteils der Transportgilde.
Da die Gilden unter anderem auch eine Wirtschaftsgemeinschaft sind, arbeiten sämtliche Gildenmitglieder gemeinsam für den Wohlstand der
Gilde. Gildeneigentum ist allgemeines Eigentum, das brüderlich miteinander geteilt wird. Steuern erhebt der Staat von den Gilden, nur
die wenigen Gildenlosen müssen ihr Vermögen direkt versteuern – zu einem horrenden Steuersatz. Auch hier wird wieder ein Anreiz
geschaffen, lieber einer Gilde beizutreten, als auf eigenen Füßen zu stehen.
(dr, me)
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